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Schlagwort-Archiv: Kommunen

Innenstadt 5.0

08 Freitag Jan 2021

Posted by Thorsten Bullerdiek in E-Government, Kommunal, Politik

≈ 4 Kommentare

Schlagwörter

Gemeinde 5.0, InnenstadtderZukunft, Innenstadtsterben, Innenstädte, Kommunen, Onlinehandel


Unsere Reise in das Jahr 2050 – Unmögliches wurde möglich!

Von Thorsten Bullerdiek*

Angekommen im Jahr 2050
Wir sind angekommen im Jahr 2050: Wir arbeiten an unserem Wohnort und kaufen vor Ort, aber auch virtuell ein. Die Wertschöpfung bleibt weitgehend im Ort. Lokale Geschäfte und Onlinehandel ergänzen sich und haben gleiche Wettbewerbsbedingungen. Wir leben tatsächlich zusammen und haben Freude daran, uns in den örtlichen Gemeinschaften zu engagieren. Vieles ist anders geworden nach der Krise, die unsere Welt im Jahr 2020 dramatisch verändert hat. Aber die Politik hat reagiert.

Das doppelte Virus
Nichts war in unseren Innenstädten wie vor der Pandemie. Viele Geschäftsmodelle waren nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Dass der Onlinehandel ein für Innenstädte viel schlimmeres und nachhaltigeres Virus als Covid-19 ist, wurde immer deutlicher sichtbar. Ein Virus allein war noch mit herkömmlichen Mitteln zu besiegen. Beide zusammen war fast unmöglich. Von der Innenstadtpolitik 1.0*, die auf dem Wege zur Innenstadt 2.0 war, musste ein großer Sprung zur Innenstadt 5.0 erfolgen. Die Stufen 3.0 und 4.0 wurden im Eiltempo durchlaufen.

Harte Zeiten – Zeiten für Veränderung!

Die Innenstadt war leer. Durch den 2020 ausgebrochenen Coronavirus mussten überall die Läden, Cafés und Restaurants schließen. Trotz aufwändiger Hilfsprogramme überlebten nicht alle Betriebe. Gearbeitet wurde daheim, der Verkehr wurde weniger, die Luft besser, aber manch lieb gewordene Infrastruktur gestrichen. Auch als Läden und Gastronomie wieder öffneten, blieben viele Kunden und Besucher weg. Die Arbeitsplätze wandelten sich. Homeoffice und Coworking Space setzten ihren Aufschwung aus der Corona-Zeit fort. Wir stellten schnell fest: Wer nicht in der Stadt arbeitet, trinkt dort keinen Kaffee, besucht weder Restaurants noch Kaufhäuser und bleibt auch privat fort. Die Kundschaft war verwöhnt. Unerschöpfliche Warenauswahl im Onlinehandel wurde schnell geliefert. Dazu gab es kulante Rückgabemöglichkeiten. Warum sollte man in die Innenstadt fahren? Parkplatz suchen, mit Maske und beschlagener Brille einkaufen, die Käufe nach Hause tragen? Keiner wollte noch Gedränge und Infektionsrisiken. Shopping in der Stadt war für viele kein Erlebnis mehr. Die Innenstädte drohten zu sterben.

Neustart 2021 – mit Plan. Unmögliches wurde möglich gemacht!
Im Jahr 2021 wurde erkannt, dass wir einen Richtungswechsel brauchen: von der klassischen Innenstadt ein Wechsel zu Marktplätzen des Lebens, des Handels, der Begegnung und der Freiräume. Statt starrer Strukturen – Plätze für Möglichkeiten. Taugt dafür das Modell der Innenstadt mit seinen festen Ritualen und Strukturen, wo fast jede wirksame Veränderung zugleich schadet und hilft? Vieles war über die Jahre „stehen geblieben“. Wir mussten verändern, manches aufgeben, aber wir konnten Neues erschaffen:

2021 – 2050: 7-Punkte wurden nachhaltig umgesetzt:

  1. Projektmanagement: Jede Idee wurde erstmal als umsetzbar angesehen. Es wurde ein sehr effektives „Bedenkenmanagement“ eingeführt. Projektpläne wurde auf Minimalanforderungen reduziert. Das Scheitern von Projekten wurde einkalkuliert, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Planungsverfahren, Berichtspflichten und Datenschutz wurden effektiver gestaltet. Das Ziel der schnellen Umsetzung von Projekten stand vorn.
  • Digitalisierung: Dazu wurde ein Modell der virtuellen Kleinstadt erschaffen. Keine 08/15-Blaupause, sondern ein individueller Rahmen mit enormen technischen Möglichkeiten. Eine Plattform für Handel, Kultur, Verwaltung und vieles mehr. Es mussten viele über ihren Schatten springen, aber das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Endlich eine gemeinsame Technik, bei der jede Kommune ihre Individualität nicht nur darstellen, sondern sich gleichzeitig weiterentwickeln konnte.
  • Finanzen: Die Kommunen bekamen Mittel für die dauerhafte Finanzierung ihrer Innenstädte von Bund und Ländern.  Kleinteilige Förderprogramme wurden gebündelt. die Städtebauförderung wurde, wie die Mittel zur Weiterentwicklung der ländlichen Räume massiv aufgestockt. Der Onlinehandel wurde steuerlich genauso behandelt wie der stationäre Handel. Eine Paketabgabe brachte Mittel ins System. Die Sondermittel (drei Milliarden bundesweit) zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes wurden zur Stärkung der Digitalisierung in den Kommunen umgewidmet.
  • Ländliche Räume: Die dort lange brach liegenden Ressourcen wurden erschlossen. Menschen haben seitdem den gleichen Komfort wie in den Metropolen. Kleinere Einheiten wurden nachhaltiger gestärkt. Ehrenamtliches Engagement massiv gefördert und fast überall Bürgergenossen- und –gesellschaften gegründet. Die Ortsmittelpunkte sind dort lebendiger denn je.
  • Marktplätze vor Ort mit stationärem Handel, Wohlfühloasen, Räumen für Kultur, Bildung und Freiräumen für eigene Gestaltung wurden auf dem Land und in den Städten zu individuellen Anziehungspunkten. Es entstanden virtuelle regionale Erlebniswelten, die die Realität vor Ort noch besser erlebbar machen. Der gesamte regionale Shopping-Prozess wurde so gestaltet, dass er besser als der Einkauf im Onlinehandel wurde. Effektiv agierende Lieferdienste, mit neuen Services, die u.a. bei der Inbetriebnahme größerer Geräte helfen, die Verpackung klimafreundlich gleich neu verwenden, wurden Standard.
  • Teilen statt Kaufen wurde ein großes Geschäftsmodell. Regionale Geschäfte, die fast alles verleihen (vom Auto bis zum Werkzeug), statt zu verkaufen beleben die Innenstädte.
  • Viele multifunktionale Räume, die leicht veränderbar sind, wurden geschaffen. Räume für Ideen, Experimente, Veränderung, Genuss und Erholung, real und virtuellbereichern nun die Marktplätze. Es gibt Freiräume für gemeinsames Engagement in kleinen, flexiblen und überschaubareren Strukturen, Gemeinschaftsgärten mit Onlinebegleitung. Onlinetreffpunkte für Politik, Kultur, Sport, für soziale und gesundheitliche Betreuung und vieles mehr. Verdrängt wurde das Auto in den Innenstädten: Parkplätze auf öffentlichen Grundstücken wurden erheblich verknappt.

Wer bis hierhin gelesen hat: Danke! Und: Ja, wir konnten die Welt retten, weil 2021 damit angefangen wurde und wir alle den Weg zusammen gegangen sind. Jeden Tag ein Schritt nach vorn…

*Die Entwicklungsstufen der Innenstädte

  1. =     klassischer Verkauf (vor 2021), =    Verkauf mit Lieferservice im Verbund der Einzelhändler (Start 2022)
  2. =     Gemeinsame Onlineshops mit Lieferservice und abgestimmten Werbekonzept (Start 2022)
  3. =     Teilen von Produkten an viele Nutzer/Innen mit Onlinebegleitung (Start 2023)
  4.  =    Betrieb einer gemeinsamen Citycommunity Online und in der realen Welt (Start 2023)

#Innenstädte#Kommunen#Innenstadtsterben#Onlinehandel#thobu#Kommunal#innenstadtderzukunft

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Die Bühne wankt – Alarm für die Innenstädte

24 Mittwoch Jun 2020

Posted by Thorsten Bullerdiek in Kommunal, Politik

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Bullerdiek, Coronakrise, Innenstädte, Kommunen


Gemeinsam aus der Krise – lokal und digital!

von Thorsten Bullerdiek, Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes

Wir haben gelernt:  Amazon, eBay, Zalando und Co. konnten schnell und fast alles in der Coronakrise liefern. Wir haben es zu schätzen gelernt, ohne Bewegung und gesundheitliches Risiko unsere Einkäufe online zu erledigen. Wer es bis dahin noch nicht war, der wurde nun durch Corona zum Fan des Onlineeinkaufs. Mit fatalen Folgen für die Innenstädte. Leere Geschäfte, Cafes und Restaurants. Ankergeschäfte wie Karstadt und Kaufhof, die früher Magneten waren, scheinen die besten Zeiten gesehen zu haben und ziehen keine Menschen mehr an. Die Kunden haben ihr Geld online ausgegeben und das Flanieren mit Mundschutz und Abstand macht nur wenig Freude. Dagegen hat sich der Onlinehandel ein großes Potenzial an neuen Kunden erschlossen. Aber es ist nicht nur der stationäre Handel schwer geschädigt, auch die Gastronomie, die Vereine, die Kultur leiden und es ist noch keine richtige längerfristig wirkende Besserung in Sicht. Die Kundschaft ist entwöhnt vom stationären Einkauf und braucht neue Impulse um die Innenstädte wieder zu entdecken.

Handel durch Wandel – Kreativ aus der Krise!

Unsere Innenstadt, die Bühne des Handels, der Gastronomie, der Kultur und des täglichen Lebens, wankt. Wir müssen schnellstens die vielleicht letzte Chance nutzen, die Städte und den Handel fit für die Zukunft zu machen. Die heutigen Kunden wollen umworben werden mit allem, was die Lokalität bieten kann. Aber sie wollen in Zukunft nicht mehr nur passiv konsumieren, sie wollen auch mitmachen.  Daher bietet es sich an Innenstadt als Bühne zu gestalten mit den Darstellern: Handel, Kultur, Kunst, Gastronomie, Sport und allen, die dazu beitragen können und sich zeigen möchten. Nicht mehr nur Verkaufsraum sondern Bühne des Lebens. Wer hier ist, kann überleben, wenn er seine Chancen im gemeinsamen Handeln nutzt. Aber dazu muss handwerklich noch viel getan werden.

Besser als Amazon: Erlebnis, Einkauf, Sport und Kultur in der Innenstadt

Lokale Onlineverbünde, Marktplätze müssen geschaffen, gepflegt und immer wieder dynamisch an das Marktgeschehen angepasst werden. Diese Verbünde müssen von allen Gewerbetreibenden getragen und finanziert werden. Was es im Laden nicht gibt, muss online bereitgestellt und geliefert werden. Online und stationär muss der Handel präsent sein und Mehrwerte auf allen Ebenen erzeugen. Besser, vielfältiger, spannender, freundlicher und schneller als Amazon muss das Ziel sein. Und das geht nur gemeinsam auf der „Bühne Innenstadt“! Dazu gehören ein erstklassiger Liefer- und Abholservice, Möglichkeiten, die rund um das Verweilen in der Innenstadt, drinnen und draußen, einladen: Kinderbetreuung, Kultur, Handel, Bildung, Sport und Spiel in der Innenstadt und vieles mehr. All das geht aber nur, wenn die Finanzierung und das Spiel auf der Bühne von allen getragen wird.

Zukunft braucht Förderung!

Sicherlich brauchen wir Fördermittel für die Digitalisierung von Handel, Gastronomie, Kultur und das Vereinswesen. Vieles ist auch schon auf dem Weg. Aber besseres Breitband und mehr WLAN brauchen auch Inhalte, die ankommen. Dafür haben wir die Innenstadt als Bühne, auf der gemeinsam online und stationär gespielt, gehandelt und gelacht wird. Damit die Innenstädte zukunftsfähig werden können, brauchen kleine, mittlere und große Kommunen aber auch deutlich mehr Mittel aus der Städtebauförderung. Der Staat kann und muss jetzt eine Anschubförderung geben, Vorschriften anpassen, Bürokratie beiseite räumen, moderieren und den ein oder anderen Beitrag leisten. Aber alle Geschäftsleute müssen jetzt mit ihren Kunden und den Kreativen aus der Kultur- und Onlineszene, aus dem Sport und der Gastronomie zusammenarbeiten. Schlüssige Konzepte gilt es mit Leben zu füllen und zu finanzieren. Jetzt gemeinsam, schnell, kreativ und nachhaltig zu handeln ist das Gebot dieser Zeit.  

#Innenstadt #Coronakrise #Bullerdiek

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Das Land überfällt die Kommunen

07 Freitag Aug 2015

Posted by Thorsten Bullerdiek in Kommunal

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asyl, Bullerdiek, Flüchtlinge, Kommunen


Viele sind überfordert mit dem Flüchtlingszuwachs

Von Katrin Teschner, Braunschweiger Zeitung, 04.08.2015

Immer mehr Flüchtlinge suchen Asyl in Deutschland. 20.000 sind im vorigen Jahr nach Niedersachsen gekommen, in diesem Jahr sollen es 35.000 werden. Schon jetzt sind alle offiziellen Erstaufnahmelager in Braunschweig, Bramsche und Friedland überfüllt. In Hildesheim ist bereits eine Außenstelle hinzugekommen, der Standort Osnabrück soll ausgebaut werden und nun ist noch eine Einrichtung in Oldenburg geplant. Doch auch das reicht nach Ansicht von Thorsten Bullerdiek, Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, nicht aus, um den Zustrom an Asylbewerbern zu bewältigen. „Das Land überfällt die Kommunen, wenn es die Flüchtlinge früher auf die Städte und Gemeinden verteilt“, kritisiert er. Gestern hatte das Innenministerium angekündigt, dass die Kommunen bis zu 3.000 Flüchtlinge deutlich früher aufnehmen müssen.

Kommunen fühlen sich überlastet

Aufgabe der Landesaufnahmeeinrichtungen sei es unter anderem, zu prüfen, welche Deutschkenntnisse die Flüchtlinge hätten und welche Unterstützung notwendig sei, um sie möglichst schnell zu integrieren, sagt Bullerdiek. Diese Aufgabe werde nun auf die Kommunen abgewälzt, die die Last ohnehin kaum noch bewältigen könnten.

Die Stadt Salzgitter zum Beispiel hat im vorigen Jahr 315 Asylbewerber aufgenommen, in diesem Jahr werden es mindestens 435 sein. Nach Wolfsburg sind im vorigen Jahr 400 Flüchtlinge gekommen, 2015 rechnet die Stadt mit bis zu 900. Die Kapazitäten zur Unterbringung seien bereits sehr knapp, sagt Sprecher Andreas Carl. Wenn nun noch 3 000 Flüchtlinge früher in Niedersachsen verteilt werden, könnte es schwierig werden, rechtzeitig genug Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Die vielen Ausschreibungs- und sonstigen baurechtlichen Erfordernisse für die Bereitstellung der Unterkünfte seien sehr zeitaufwendig.

Städtebund fordert vom Land mehr Geld für Flüchtlinge

Um die Kommunen nicht zu stark zu belasten, fordert der Städte- und Gemeindebund seit langem, die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes schnell auszubauen. „Mindestens die doppelte Zahl wäre nötig, damit die Busse mit Asylbewerbern nicht vor den Türen der Bürgermeister stehen“, sagt Bullerdiek. Auch müsse die Pauschale für die Kommunen von 6.195 Euro pro Flüchtling etwa für die Unterkunft und Kosten für die Gesundheitsversorgung auf 10.000 Euro aufgestockt werden. Bisher hat das Land eine Kostenerstattung in Höhe von rund 8.200 Euro pro Flüchtling und Jahr angekündigt.

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E-Zigaretten – Dampf oder Rauch?

24 Dienstag Jan 2012

Posted by Thorsten Bullerdiek in Europa, Kommunal, Politik

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Bullerdiek, E-Zigarette, Gemeindebund, Kamlage, Kommunen


Zehn Fragen und Antworten für den kommunalen Bereich

(Vorabdruck aus der NIEDERSÄCHSISCHEN GEMEINDE 01/2012)

Von Thorsten Bullerdiek und Oliver Kamlage*

Immer häufiger beobachten wir Menschen, die vorzugweise in Cafes, Gaststätten oder Diskotheken an merkwürdigen Stiften, die zum Teil wie Kugelschreiber aussehen, ziehen. Die als „Elektronische Zigarette“, „E-Zigarette“, „Dampferzeuger“ oder „Dampfer“, bezeichneten Produkte erfreuen sich – wie andere neuartige Wellness- oder Lifestyleprodukte auch – immer größerer Beliebtheit.

Gewiss sind Wellness- oder Lifestyleprodukte nicht immer gesund, aber sie sorgen beim Käufer manchmal für Wohlbefinden. Sicher ist nur, dass sie regelmäßig der Erleichterung des Geldbeutels dienen. Die „E-Raucher“ oder „Dampfer“, wie sie sich selbst gern bezeichnen, scheinen allerdings zufrieden zu sein.

Bisher haben sich in den Städten und Gemeinden noch keine negativen Effekte gezeigt. Im Gegensatz zum Tabakkonsum gibt es weder Beschwerden, noch Rauch, keine Brandgefahr und auch keine Kippen. Dennoch wird das Thema heiß diskutiert, und es stellen sich einige Fragen für die Diskussion vor Ort.

1. Wie funktionieren E-Zigaretten?
E-Zigaretten bestehen aus einem Akku, einem Verdampfer und einem Tank. In den Tank wird eine Flüssigkeit (Liquid) eingefüllt, die es mit oder ohne Nikotin gibt. Das Liquid wird inhaliert und – wie beim Kochen – wird Wasserdampf freigesetzt. Abhängig von der verdampften Flüssigkeit werden weitere Stoffe frei (wie auch bei Deos oder Haarsprays), die jedoch in der Luft wenig bis gar nicht wahrnehmbar sind. Bei der E-Zigarette entsteht kein Verbrennungs-, sondern ein Verdampfungsprozess, bei dem Wasserdampf und geruchloses Propylenglycol (Lebensmittelzusatzstoff E 1520) in die Luft abgegeben werden. Propylenglycol ist beispielsweise in Kaugummi, Cremes, Zahnpasta, Zigaretten und zahlreichen Arzneimitteln enthalten und wird bisher für den Menschen nach oraler Aufnahme als ungefährlich eingestuft.1

2. Wie sind diese Produkte einzuordnen?
Der Gebrauch dieser Produkte ist im Rahmen der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I GG) grundsätzlich statthaft, solange Dritte nicht beeinträchtigt werden. Hierfür gibt es bisher keine substanzhaltigen Nachweise. Allerdings rät das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) zur Vorsicht im Umgang mit elektronischen Zigaretten. In einer bereits am 5. Januar 2008 unter http://www.bfr.bund.de veröffentlichten Stellungnahme legt das BfR dar, dass bereits die Aufnahme von Nikotin ohne zusätzliche Substanzen die Gesundheit gefährden kann. Deshalb sei grundsätzlich ein vorsichtiger Umgang mit den elektronischen Zigaretten zu empfehlen. Vor allem rät das BfR dazu, die nikotinhaltigen Kartuschen außerhalb der Reichweite von Kindern aufzubewahren, weil sie verschluckt oder die nikotinhaltige Lösung leicht herausgelutscht werden könnte. Hierzu ist anzumerken, dass diese Hinweise aber auch bei anderen Produkten wie Haushaltsreiniger, Chemikalien und Arzneien zu beachten sind. Die neueren Liquidverpackungen wurden entsprechend geändert.

3. Anwendung des Nichtraucherschutzgesetzes
Die Verwendung dieser Produkte fällt nach Einschätzung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration nicht unter das Nichtraucherschutzgesetz, da in den E-Zigaretten kein Tabak verbrannt, kein teerhaltiges Kondensat erzeugt und an die Umwelt abgeben wird.2

4. Dürfen diese Produkte in Gaststätten verwendet werden?
In Niedersachsen ist die Verwendung erlaubt. Es sei denn, die Inhaberin oder der Inhaber der Gaststätte untersagt die Benutzung im Rahmen ihres oder seines Hausrechts (Art. 13 GG). Zu anderen Ergebnissen kommt in Nordrhein-Westfalen aber zum Beispiel die Stadt Köln, die die Benutzung der E-Zigaretten in Gaststätten untersagt hat. Allerdings ist nicht bekannt, was die Stadt Köln konkret untersagt: die Verdampfung von nikotinhaltigen oder nicht nikotinhaltigen Lösungen oder die Benutzung von Verdampfern. Eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der Stadt Köln ist noch nicht bekannt geworden.

5. Dürfen diese Produkte in öffentlichen Gebäuden verwendet werden?
Gegenwärtig ja, zumal keine Gefahren wie beim Tabakkonsum erkennbar sind. Es ist aber eine Untersagung im Rahmen des Hausrechtes möglich. Solange die Ungefährlichkeit dieser Produkte nicht näher belegt ist, empfiehlt es sich, von dieser Möglichkeit in besonders sensiblen Einrichtungen der Kommunen wie etwa Schulen und Kindertagesstätten bei Bedarf Gebrauch zu machen.

6. Entstehen schädliche krebserregende Stoffe, die Dritte schädigen?
Es gibt bisher keine gesicherten Nachweise der Schädlichkeit – aber auch noch keine generelle Unbedenklichkeit der verkauften Produkte. Einige Fachärzte, wie zum Beispiel die Lungenfachärzte Dr. Norbert Naber aus Cloppenburg3 oder Alexander Schulz aus Hannover4 sehen aber beispielsweise Gäste in Restaurants und Kneipen nicht durch den Dampf der E-Zigaretten gesundheitlich gefährdet. Die krebserregenden Stoffe, die das konventionelle Passivrauchen so gefährlich machten, seien in den Flüssigkeiten der E-Zigaretten nicht enthalten. Auch das Auspusten von nikotinhaltigem E-Zigaretten-Dampf sei für Außenstehende nicht gesundheitsgefährdend, weil das Nikotin in äußerst geringen Dosen an die Umwelt abgegeben werde. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der US-Wissenschaftler Zachary Cahn und Michael Siegel, wonach „die Belastung der Raumluft durch E-Zigaretten mit der Belastung beim Kartoffeln kochen vergleichbar sein soll“. Ein Nebenstromrauch wie beim Tabakrauchen ist bei der elektrischen Zigarette nicht vorhanden5. Nach Auffassung des BfR sollten für die Nutzung der elektronischen Zigaretten in Innenräumen keine anderen Vorschriften gelten als bei herkömmlichen Zigaretten. Bisher sei ungeklärt, wie viel Nikotin nach dem Ausatmen des Inhalats in die Umgebung abgeben wird. Weitere Studien bleiben abzuwarten.

7. Genussmittel oder Arznei?
Auf jeden Fall sind Produkte, die Nikotin enthalten, nicht gesund, da Nikotin ein starkes Nervengift ist. Derzeit werden Liquids mit und ohne Nikotin vertrieben. Während die Liquids ohne Nikotin bisher in der Diskussion vernachlässigt wurden und wohl auch als ganz normales Lebens-/Genussmittel anzusehen sind, hat ein teilweise ideologischer Streit begonnen, ob Liquids mit Nikotin als Arzneimittel anzusehen sind und damit nur in Apotheken vertrieben werden dürfen. Dies hätte nach unserer Ansicht aber auch Folgen für die „klassischen“ Tabakwaren. Wir halten es für wenig sinnvoll, E-Zigaretten, Tabakwaren, Alkohol oder weitere Genussmittel in Apotheken vorzuhalten. Bisher wurde es vom EuGH abgelehnt, derartige Produkte als Arzneimittel einzustufen (Urteil vom 15.1.2009 – C-140/07) siehe auch: Prof. Dr. Wolfgang Voit, http://www.lto.de/de/html/nachrichten/5311/streit-ueber-e-zigaretten-blauer-dunst-aus-der-apotheke/#). Daher spricht vieles für eine Einstufung als Genussmittel, mit der Folge, dass der Verkauf unter Beachtung der Bestimmungen des Lebensmittelrechts weiterhin in Tabakläden, Supermärkten oder auch an Tankstellen erfolgen kann.

8. Gibt es eine Verwechslungsgefahr?
Nein, da zunächst der entstehende Dampf im Gegensatz zu „normalem“ Rauch weder riecht noch ein derartiges Volumen erreicht. Die neuere Generation der E-Zigaretten ist auch in der Form- und Farbgebung zudem sehr klar von „normalen“ Zigaretten zu unterscheiden (siehe Foto).

9. Ausblick
Der Druck auf eine Regelung für ein Produkt, das offensichtlich in einer Regelungslücke entstanden ist, wächst mit immer weiter steigenden Verkaufszahlen. Ob allerdings überhaupt eine Regelung geschaffen werden muss und der Konsument – wie derzeit – gegebenenfalls eine eigene verantwortungsvolle Entscheidung treffen kann und darf, ist auch eine Option am Ende weiterer Studien und der laufenden Diskussionen. Derzeit drängen das Bundesland Nordrhein-Westfalen und auch das Deutsche Krebsforschungszentrum – allerdings bisher ohne verlässliche Studien – auf Regulierungen. Ein Verbot dürfte es, wenn überhaupt, nur für nikotinhaltige Produkte und nur dann geben können, wenn verlässliche Studien vorliegen. Zudem dürften die Produkte auch weiterentwickelt und bei entsprechenden Vorgaben sicherer werden.

10. Fazit
Weniger Hektik bei dem Thema wäre angebracht. Ohne Rechtsgrundlage und verlässliche Erkenntnisse zu konkreten Gefahren können und dürfen die Städte und Gemeinden den Gebrauch von E-Zigaretten – zum Beispiel in Gaststätten – ordnungsrechtlich nicht untersagen. Hinsichtlich der Verwendung von Nikotin in E-Zigaretten wird der Gesetzgeber eine Entscheidung treffen können und gegebenenfalls müssen, wenn er über gesicherte Erkenntnisse verfügt. Problematisch kann es aber werden, wenn der Handel der Produkte nicht mehr offen und damit kontrollierbar erfolgt, sondern sich ein „grauer“ Markt entwickelt. Daher sollte sorgfältig geprüft werden, ob die Abgabe der in den Verdampfern verwendeten Liquids nicht besser lebensmittelrechtlich kontrolliert und mit den Inhaltsstoffen ausgezeichnet im Supermarkt oder Tabakladen unter Beachtung des Jugendschutzes erfolgen sollte und nicht unkontrolliert.

*    Die Autoren:
Thorsten Bullerdiek ist Beigeordneter und Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes und unter anderem zuständig für Ordnungs-, Gaststätten- und Gewerberecht.
Oliver Kamlage ist als Referatsleiter beim Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund unter anderem zuständig für die Bereiche Gesundheit und Nichtraucherschutz.

1    Quellennachweise bei Wikipedia: „Elektronische Zigarette“.
2    ebenso Weißer, Niedersächsisches Nichtraucherschutzgesetz, Erl. 2 zu § 1.
3    NORDWESTZEITUNG Oldenburg vom 5.1.2011).
4    Neue Presse vom 17.11.2011.
5    Quellennachweise bei Wikipedia: „Elektronische Zigarette“.

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