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Schlagwort-Archiv: Onlinezugangsgesetz; Bullerdiek; Kommunen; Städte; Gemeinden; Digitalisierung

Das „Verrückte Haus“

09 Mittwoch Sep 2020

Posted by Thorsten Bullerdiek in E-Government, Kommunal, Politik

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Schlagwörter

Onlinezugangsgesetz; Bullerdiek; Kommunen; Städte; Gemeinden; Digitalisierung


Ein Bericht vom Digitalen Nichts: von der Baustelle des Onlinezugangsgesetzes

Von Thorsten Bullerdiek

Es war einmal… Irgendwo im Nirgendwo sollte in Deutschland ein ungeheuer modernes Haus entstehen: das Haus der Digitalisierung. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Kommunen und nicht zuletzt die Ministerien in Bund und Ländern sollen dieses Haus nutzen können. Ein Haus, das passgenau für die Bedürfnisse von Berlin, Weimar, Bösel und Hamburg gebaut wird und in dem sich alle wohl fühlen. Geplant wurde es schon seit langem und am 18.08.2017 trat der Bauplan, das Onlinezugangsgesetz (OZG), für unser Digitalisierungshaus, manche sagen auch das „Verrückte Haus“, in Kraft.

Warum verrückt – es passiert doch nichts?

Ja, wie schnell die Zeit vergeht. Drei Jahre sind vergangen und man muss schon sehr genau hinsehen, um feststellen zu können, wann und wo etwas geschehen ist. Der Ausstoß an Papier, an Vorschriften, Niederschriften, Masterplänen, Pressemitteilungen und Grundsatzpapieren ist beachtlich. Aber keine Angst, bisher geschieht noch nichts. Zumindest nichts, was die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen oder die Kommunen bemerkt hätten. Der Bauplan jedoch legt fest, dass das Haus in der Vollausstattung mit knapp 600 Dienstleistungen zum 01.01.2023 fertig sein soll. Doch die MacherInnen des Bauplans haben zum einen vergessen zu notieren, wer was bis wann und mit welchem Geld machen muss, damit das Haus rechtzeitig fertig wird. Zum anderen wurde nicht festgelegt, wie das Haus gestaltet sein muss, damit die BürgerInnen, die Unternehmen und die Kommunen alles einfacher als bisher und zudem online erledigen können. Dies wird schwer genug, da die verschieden großen Städte und Gemeinden auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben. Der Anzug in Größe 60 für die Großstadt Berlin passt der schlanken Gemeinde Bösel, die nur Größe 50 trägt, nur bedingt. Demnach wird für Berlin geschneidert und Bösel darf anpassen.   Aber wovon? Geld ist nicht da und wird durch die Coronakrise bei den Kommunen auch in nächster Zeit nicht vorhanden sein. Allein in Niedersachsen fehlen den Kommunen nach wie vor mindestens 180 Millionen (22,50 Euro je EinwohnerIn), die die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes dort kostet. Bundesweit sind dies fast 2 Milliarden Euro. Also möchte man zentrale Services, die vor Ort nicht angeboten werden können, da dort kein Geld für die Umsetzung vorhanden ist, in Anspruch nehmen.  Doch diese zentralen Services, auch Basisdienste genannt, sind noch in der Planungsphase, d.h., niemand weiß aktuell genau, was, wann  den Kommunen, kostenfrei oder kostenpflichtig, mit welcher Unterstützung angeboten wird.

Naja, es sind ja auch erst drei Jahre vergangen, seit das Gesetz in Kraft getreten ist. Die Türen zum Haus der Digitalisierung bleiben zu. Ein verrücktes Haus.

Auf der Baustelle ist Betrieb..

Nach der Erstellung des Bauplans wurden viele weitere Pläne entworfen, es tagen bundesweit in allen Ländern diverse Projektgruppen, Arbeits- und Steuerungskreise, Boards und Labore wirtschaften so vor sich hin. Menschen reisen von A nach B  oder C und treffen sich real oder in Telefon- und Webkonferenzen. Sie arbeiten in Projekt- und Steuerungsgruppen, Laboren und Lenkungskreisen und suchen Lösungen und Geld für den Hausbau und den Unterhalt des verrückten Hauses. Das Verrückte dabei ist jedoch, dass bei all dem Gewusel nicht sehr viel passiert. Ein Servicekonto für alle BürgerInnen und Unternehmen, ja das soll bald kommen. Bald? Ja, bald, irgendwann. Wenn es dann da ist, dürfen die Kommunen und alle anderen sehen, wie sie damit zurechtkommen. Dabei hätten die Planer dieses tollen Hauses in der Coronakrise glänzen können, mit all dem, was digitales Arbeiten und Leben ausmacht. Aber da leider nichts fertiggestellt war, konnte wenig zur Krisenbewältigung beigetragen werden.  Doch die BürgerInnen, die Unternehmen und die Kommunen haben sich in der Krise beholfen. Ohne groß zu fragen haben sie Produkte wie Videokonferenzsysteme oder Cloudlösungen, die es am Markt bereits gab, genutzt und ohne große Planung damit gearbeitet.  Einfach so…

3 Milliarden für Länder und Kommunen – oder für ein schönes „Nichts“?

Die Coronakrise hat es schonungslos gezeigt: der Bauplan für das tolle Haus der Digitalisierung ist schon drei Jahre in Kraft und es sind keine Erfolge erkennbar. Das Drama ist nicht zu übersehen! Ganz offensichtlich, um noch zu retten, was schon fast nicht mehr zu retten ist hat sich der Bundestag entschlossen, noch einmal drei Milliarden Euro im Rahmen der Soforthilfe Corona zur Verfügung zu stellen. Das Online-Zugangs-Gesetz soll jetzt zügig und flächendeckend umgesetzt werden. Daher unterstützt der Bund Länder und Kommunen zusätzlich finanziell, wenn diese das gemeinsame Architekturkonzept „einer für alle“ flächendeckend umsetzen. Wer ganz einfach denkt, könnte aus der Formulierung „unterstützt der Bund Länder und Kommunen zusätzlich finanziell“ schließen, dass die 3 Milliarden doch nun tatsächlich bei den Ländern und Kommunen dafür eingesetzt werden, das Haus der Digitalisierung bezugsfertig zu machen. Dies wäre zwar richtig und sinnvoll, da die Leistungen für die BürgerInnen und Unternehmen von den Kommunen und auch den Ländern erbracht werden. Aber dann würden diejenigen, die das Haus der Digitalisierung einrichten und für den Betrieb sorgen, auch das dafür notwendige Geld erhalten.  Das wäre allerdings völlig verrückt.

Einer für alle – oder eher alle für einen?

Einer für alle oder eher alle für einen? Klar, hört sich das erstmal einfach und gut an. Das Prinzip ist ja aus dem Fußball bekannt und hat dazu geführt dass es immerhin noch einen Club gibt dem das Prinzip genützt hat. Aber bei der Digitalisierung alles auf einen zu setzen? Hier geht es weniger um ein Spiel und Berlin und Bösel brauchen unterschiedliche Lösungen. Beide wollen und sollen überleben und so arbeiten können dass Bürger und Unternehmen an beiden Standorten gleich gut leben und arbeiten könne. Aber kann Berlin die Lösungen für Bösel (auf die wir alle noch lange warten werden) übernehmen? Oder wird, wie stark zu vermuten ist, alles für die Ministerien, Großstädte, wie Berlin, Hamburg und München? Mittlere und kleine Städte und Gemeinden dürfen dann sehen wo sie, natürlich auf eigene Kosten, bleiben?

Die Ministerien, der Staubsauger und das Alibi

Der Bund schaut derzeit lieber, dass möglichst viel Geld bei ihm für die wichtigen Ministerien, die ganz besonders dicht mit den Bürgern und Unternehmen zusammenarbeiten, verbleibt. Aus diesem Grund hat er einen Staubsauger, der Münzen und Geldscheine aufnehmen kann, angeschafft. Dieser Staubsauger soll die 3 Milliarden aufsaugen und zur Verwendung in den eigenen Häusern und zum Teil für die Länder sichern. Ab und an wird ein Förderprogramm mit viel Aufwand und wenig Geld geschaffen. Mit diesen Programmen soll den Kommunen vorgegaukelt werden, dass man auch an sie gedacht hat.

Einige Musterkommunen dürfen als Alibi dienen und zeigen, dass man mit ungeheuer viel eigenem Geld und Personal, ganz wenig Fördergeld aber viel Antrags- und Abrechnungsaufwand, etwas umsetzen kann. Oberstes Ziel scheint aber, dass diejenigen, die vor Ort die Leistungen erbringen, möglichst wenig oder besser gar kein Geld dafür erhalten, damit der Bund sich seine eigenen digitalen Projekte, fernab der Bürger und Unternehmen, ermöglichen kann. Also sind die 3 Milliarden aus Sicht der Bürger, Unternehmen und Kommunen Gelder für ein schönes „Nichts“.

Was kommt nach dem „Nichts“?

Nach dem „Nichts“ kommt erst einmal auch nichts. In das unfertige Haus kann niemand einziehen. Wenn doch, würde es ungemütlich werden, da das Haus weder Dach noch Fenster haben wird. Die Abwasserleitung ist vorhanden, doch es fehlt das Wasser. Steckdosen sind eingebaut, ehrenamtlich beschafft, aber der Strom wurde mangels Finanzierung abgestellt. Gut, in einem solchen Haus möchte niemand wohnen, aber wenn es so nun steht, dann kann der Steuerzahler ja die Reste aufkaufen, neues Geld dazu tun und die Kommunen und den Markt es richten lassen. Doppelt bezahlt führt es dann auch zum Ziel. Es ist zwar teuer und dauert länger, schweißt dafür aber die Baumannschaft mehr zusammen.

Das Haus ist zwar nach der Fertigstellung völlig veraltet, mit den gewonnenen Erfahrungen aber kann man nun ein neues altes Haus bauen. Ganz schnell natürlich…

Die Lösung – ein kleines zukunftsfähiges Haus für alle?

Ach, das könnten schön sein, klein aber fein, ein zukunftsfähiges, modernes Haus mit Grundstück, Dach, Wasser, Abwasser, Strom, Breitband, Telefon, Ladestation für das E-Auto, ein Spielplatz im Vorgarten und vielem mehr. Ja, das kann unser Haus der Digitalisierung werden, wenn die Planung von oben für unten aufhört und die Mittel für eine Realisierung dorthin gehen, wo die Arbeit tagein und tagaus erledigt wird: in die Kommunen. Dort kann das Haus dann so angepasst werden, dass alle damit glücklich werden. Aber dann wäre es ja kein verrücktes Haus, sondern ein ganz normales, gut geplantes und durchfinanziertes Haus mit viel praktischem Nutzen.

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Beamte basteln am Internet…

16 Dienstag Jan 2018

Posted by Thorsten Bullerdiek in E-Government, Kommunal, Politik

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Schlagwörter

Onlinezugangsgesetz; Bullerdiek; Kommunen; Städte; Gemeinden; Digitalisierung


Deutschland sucht Anschluss beim „Online-Bürger“

Von Thorsten Bullerdiek*

Erstaunliches tut sich in unserem Land: Bund und Länder entdecken die Bürgerinnen und Bürger als Onlinekunden. Das Zauberwort „Digitalisierung“ entfaltet seine Wirkung, es öffnet die Herzen und Geldbeutel für große Projekte von Bund und Ländern. Damit das Geld Verwendung findet und die Kundschaft bedient wird erfindet der Bund unter dem Decknamen „Onlinezugangsgesetz“ gerade das Internet neu. Genauer gesagt, nicht das ganze Internet, nur einen Teil davon: das „Behörden-Internet“.

Das Gesetz

Am 14.08.2017 ist das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) in Kraft getreten und verpflichtet Bund und Länder bis zum Jahr 2022 dazu, ein umfassendes Online-Angebot für Verwaltungsleistungen vorzuhalten. Das Gesetz erwähnt an keiner Stelle die Kommunen. Verschiedentlich, auch im Bundesinnenministerium, wird so getan, als ob auch die Kommunen verpflichtet seien, nach diesem Gesetz zu handeln. Artikel 28 II des Grundgesetzes und Artikel 57 der Niedersächsischen Verfassung schützen Gott sei Dank aber die kommunale Selbstverwaltung. Daher bedarf es zunächst  noch eines Gesetzes das konkrete Regelungen für die Kommunen trifft und die Finanzierung regelt. Oder aber, die beste Lösung von allen:  die Angebote von Bund und Ländern sind so gut dass alle Kommunen sie haben möchten.

Das Ziel

Kurz gesagt: die Bürger und Unternehmen bis zum Jahr 2022 rund um die Uhr über die Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen mit allen möglichen Onlinedienstleistungen beglücken. Viele Angebote sollen endlich Nachfrage bei zum Teil eher tristen Angeboten auf der Bundes- (http://www.amtlich-einfach.de und Landesebene (z.B. Bürgerservice Niedersachsen: http://buergerservice.niedersachsen.de) schaffen. Interessierte Dienstleister behaupten zudem ständig dass die Bürgerinnen und Bürger hierauf dringend warten. Alle Bürger? Ich nicht, aber gut, ich mag ein schwerer Ausnahmefall sein.

Basteln am „Behörden-Internet“

Ach das könnte schön sein, schnell und online, auf sicherem Weg den Behördenkram und alles was wichtig ist rechtssicher online zu erledigen. Versprochen wurde es uns ja schon oft, aber bisher will es nicht so recht klappen. Die „Onlinebürger“ gehen lieber ins Rathaus, schreiben Briefe, E.-Mails oder rufen ihre Stadt oder Gemeinde direkt an. Doch gibt es nun wohl bald das „Behörden-Internet“ und das funktioniert, ganz vereinfacht, so:

  1. Der erfolglose elektronische Personalausweis, wird mit dem wenig genutzten Callcenter D115 und einem Verbund der Portale von Bund, Ländern und Kommunen zusammengepackt. Die Portale sind zwar schon verbunden (das nennt sich Internet), aber das vertiefen wir hier besser nicht.
  2. Dazu gibt es einen echten Kracher: ein (bisher von Bürgern nicht genutztes) Servicekonto. In Niedersachsen nennt sich das System zum Beispiel NAVO (Niedersächsisches Antragssystem für Verwaltungsleistungen Online).
  3. Obendrauf kommt als Sahnehäubchen ein Suchsystem: „Das Beamtengoogle“ und fertig ist das „Behörden-Internet“.

Was wird angeboten?

 Alle Verwaltungsleistungen. Naja, fast alle, genauer: „alles was online-fähig ist“, also all das, was die bastelnden Beamten bei Bund und Ländern als „alles“ betrachten. Für Niedersachsen soll es wohl das Angebot des Bürger- und Unternehmensservice (BUS) Niedersachsen werden: https://m.bus.niedersachsen.de. Bei derartigen Alleskönnern ist das grundlegende Problem, dass sie meist zu viel können wollen, unübersichtlich werden und mangelhaft in der Spezialisierung sind. Sinnvoller wäre es, die besten Dienstleistungen, erstmal mit einer vernünftigen Finanzierung weiter auszubauen und bürgerorientiert anzubieten. Etwa die Beantragung von Standesamtsurkunden, die Anmeldung von Hunden zur Hundesteuer, die Online-Steuererklärung, das Payment für Verwarngelder. Weniger kann und wird erstmal mehr sein.

Servicekonten weisen die Nutzerin/den Nutzer rechtssicher aus und sollen den Zugang zu den angebotenen Dienstleistungen ermöglichen. Hessen und Bayern kooperieren aktuell beim Servicekonto. Dort werden ein Servicekonto mit elektronischem Postfach und Bezahlmöglichkeit, Antragsmanagement für Online-Verwaltungsprozesse und ein Web-Shop angeboten. Niedersachsen plant seinen aktuellen Bürgerkonto-Dienst zu erneuern. Zu hoffen bleibt, dass die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen den Service auch attraktiv finden und die Servicekonten wirklich nutzen

Ein einheitliches Zahlungssystem (Payment) für alle Online-Bezahlvorgänge in der Verwaltung soll sicheres Bezahlen von Verwaltungsdienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger ermöglichen. Für Verwaltungen wird die Kommunikation mit dem Bezahldienstanbieter sicher abgewickelt und die Anbindung an die Finanzverfahren der Verwaltungen ermöglicht. Diese Anwendung dürfte am schnellsten Erfolg haben, da hier medienbruchfrei Überweisungen erfolgen können und die Nutzer wirklich Zeit sparen können.

Ob das alles klappt?

Einige Zweifel sind angesichts der unzureichenden Planung und Finanzierung der Maßnahmen für alle Kommunen, durchaus angebracht. Hinzu kommt das die bisherigen Angebote von Bund und Ländern wie etwa der Elektronische Personalausweis, das Callcenter D115, das Niedersächsische Verwaltungsportal NAVO und ähnliche Dienste wenig bis gar keinen Erfolg bei Bürgern und Unternehmen hatten. Mit dem Bund und den Ländern definieren nun auch noch genau die Behörden die Dienste, die bisher keinen Erfolg hatten und zudem die wenigsten eigenen Bürgerkontakte haben. Aus Niederlagen kann man aber lernen und die bisher erfolglosen Systeme ganz oder teilweise abzuschalten und „auf der grünen Wiese“ neu anzufangen. Natürlich mit den Städten und Gemeinden, die Bürgerkontakte seit über tausend Jahren vorweisen können und mit Dienstleistern,  die auf der Höhe der Zeit sind und bewiesen haben dass sie die Menschen mit ihren Produkten erreichen. Es könnte die insgesamt günstigere Variante gegenüber der Anpassung und Integration der derzeit eingesetzten und wenig genutzten Systeme sein.

7! – Online statt Offline – Was brauchen wir, um aufzuholen?

 1. Vorfahrt für Breitband – besonders auf dem Land!

Ohne flächendeckende Breitbandanbindung in jedem Winkel Deutschlands wird sich weiterhin nicht viel ändern. Estland macht es uns vor und will schon in 2018 das dortige Breitbandnetz mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 100 Mbit/s ausgestattet haben. Zum Vergleich: Deutschland liegt bei durchschnittlich 15,3 Mbit (Quelle: Statista 2017 – https://de.statista.com/). Hier müssen wir schnellstens nachziehen! Wir dürfen auch nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen und in den Großstädten mit dem Ausbau der Glasfasernetze beginnen. Nachdem die Großstädte Glasfaser haben, ist das Geld aufgebraucht und der Ländliche Raum wieder abgehängt. Ein Spiel, bei dem es ein paar Gewinner gibt und der Rest des Landes verliert. Beim Glasfaserausbau muss jetzt der Ländliche Raum endlich Vorfahrt haben, damit die Potenziale des gesamten Landes gestärkt werden.

2. Sicherheit!

Immer mehr Cyberangriffe führen dazu, dass sichere Transaktionen über das Internet in Frage gestellt und auf herkömmlichen Wegen kaum mehr möglich sein werden. Daher muss der Staat für deutlich mehr Sicherheit sorgen! Gute Ansätze sind in den neu geplanten Servicekonten erkennbar. Wenn es endlich gelingt, diese Konten so attraktiv zu gestalten, dass jede Bürgerin und jeder Bürger sich ein entsprechendes Servicekonto zulegt und dieses auch für Geschäfte mit privaten Anbietern aus Sicherheitsgründen regelmäßig nutzt, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

 3. Gute Angebote – wie in Estland!

Unsere Bürgerinnen und Bürger nehmen Verwaltungsdienstleistungen bisher nicht gern online in Anspruch. Dies kann auch daran liegen, dass es an vernünftigen Angeboten fehlt. Schauen wir zum Branchenprimus nach Estland. Hier kann man unter anderem schon:

  • Verträge online unterzeichnen (ohne sich zum Ort des Vertragsschlusses begeben zu müssen),
  • online wählen,
  • digitale Rezepte von Ärzten abrufen, also ohne sich hierfür in eine Praxis oder Klinik begeben zu müssen,
  • innerhalb von 18 Minuten am eigenen PC eine neue Firma gründen,
  • staatliche Fördergelder (wie Elterngeld) beantragen.

Quelle: (https://www.visitestonia.com/de/uber-estland/estland-eine-digitale-gesellschaft

und natürlich alles andere, was man bei uns kann oder können sollte. Hier quälen wir uns bei vielen Anwendungen, mit denen wir die Bürger erreichen könnten, noch mit zahlreichen – zum Teil auch wirklich berechtigten – Bedenken. Die Bedenken aufzunehmen, zu diskutieren und mit den Kommunen Lösungen zu finden, wäre ein Wunsch an die Politik.

 4. Geld!

Ohne eine stabile Finanzierung ist nur wenig zu erreichen. Am mangelhaften Breitbandausbau in Deutschland kann man deutlich sehen wie sich schlechte Planung mit unzureichenden Mitteln auswirkt. Am Ende werden ganze Landstriche abgehängt, die in Kauf nehmen müssen, keine Entwicklungsmöglichkeit mehr zu haben. Volkswirtschaftlich ein grober Unfug, der momentan lediglich durch die gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland kaschiert wird. Daher kann und wird ein Onlinezugangsgesetz auch nur dann die Erwartungen erfüllen, wenn es schnellstens Gelder für superschnelles Breitband für alle gibt und alle angedachten Maßnahmen für die geplante Onlineinfrastruktur vollständig durchfinanziert sind.

 5. Kommunen!

Gern vergessen, wenn es um die große Politik geht. Aber wenn nichts mehr funktioniert, wie bei fehlender Breitbandanbindung, vergessener Finanzierung von Gesetzesvorhaben (zum Beispiel bei der Kinderbetreuung) oder notwendigem Bürgerkontakt, dann erinnern sich Bund und Länder doch gern an die freundlichen Dienstleister vor Ort. Ohne die frühzeitige Einbindung und die Finanzausstattung der Kommunen für die Umsetzung der geplanten Vorschriften wird jedes Gesetz, auch wenn es noch so viele Vorschriften enthält, gnadenlos scheitern. Auch die modernste Technik wird dann keinen Erfolg haben.

6. Soziale Medien!

Die öffentliche Verwaltung muss endlich dahin, wo die Bürgerinnen und Bürger schon lange sind! Dazu gehören natürlich soziale Netzwerke, und zwar die, bei denen wir eine große Zahl von Onlinekunden erreichen. Facebook, WhatsApp, Instagram, Twitter und andere bergen nicht nur Risiken, wie häufig vermittelt wird. Diese Dienste werden gerade deshalb genutzt, weil sie den Nutzern Mehrwerte bieten. Eine Einbindung der Sozialen Medien darf  daher kein Tabu sein.

7. Datenschutz unbedingt – aber intelligent!

Ohne vernünftige Datenschutzregelungen ist unser Leben immer weniger lebenswert. Wichtig ist, dass Gesetzgebung, Serviceanbieter und der Datenschutz an einem Strang ziehen. Die Sicherheit personenbezogener Daten muss unbedingt staatlich garantiert werden. Aber es muss auch möglich sein, Lösungen für gute und wichtige Angebote zu finden, ohne sofort vom Datenschutz ausgebremst zu werden. Hier ist eine intelligente und konstruktive Politik gefragt, die nicht nur auf die Rechtsprechung wartet, sondern auch selbst Entscheidungen trifft. Nur so wird Deutschland attraktiv für Investoren bleiben.

Wenn es gelingt von Amazon, Facebook, Google, WhatsApp und Co. zu lernen mit besserem Datenschutz und mehr Sicherheit  ein gutes Angebot zu schaffen, dann werden die Bürgerinnen und Bürger die Online-Angebote von Bund, Ländern und Kommunen auch nutzen. Bis dahin ist noch ein weiter, langer und steiniger Weg zu gehen.

—————————————————————————————————————————————–

*Thorsten Bullerdiek, Sprecher und Beigeordneter des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, u.a. auch Autor „Verwaltung im Internet“, 1997 und 2001, Verlag C.H. Beck.

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